Dienstag, 5. Mai 2020

Mathe.delta-Verständniswettbewerb Runde 1

Im Laufe der Jahre gewinnt man als Lehrer so viel Erfahrung, dass man bei den meisten Fehlern, die man von seinen Schülern zu sehen bekommt, weiß, was sie "gedacht" haben, auch wenn in den letzten Jahren Fehler zu beobachten waren, die nicht in dieses Beuteschema passen.

Derartige Fehler, wen wundert es, findet man auch in Mathe.delta 11/12 für das Basisfach "Mathematik" (das waren scare quotes). Bei manchen dieser Fehler bin ich außerstande zu erraten, was im Hirn der Autoren vorgegangen ist. Was liegt also näher als meine Leser zu fragen, ob sie aus diesen Sachen schlau werden.

 Beginnen wir also mit der folgenden schönen Anwendungsaufgabe (Seite 55, 1.3) aus der Lebenswelt der Schüler und Schülerinnen:

        Welcher der folgenden Funktionsterme könnte die Größe (in cm) eines Hundwelpen
         in den ersten Monaten nach der Geburt darstellen? Begründen Sie.
        Welche Realsituation könnten für die anderen Terme in Frage kommen?
 
         a) f(x) = -2x           b) f(x) = -0,5 · 0,5x          c) f(x) = 1/3 · 3x
   
Die Preisfrage: Was stimmt hier nicht, und was haben die Autoren eigentlich fragen wollen? Und für wie doof halten die Autoren ihre Schüler aus dem Basiskurs, wenn sie ihnen a) und b) vorsetzen?

3 Kommentare:

  1. Die Antwort ist doch einfach: Kann nur c) sein. Bei der Geburt ist der Welpe 3,3 mm groß. Nach drei Monaten 9cm, und nach einem Jahr dann ausgewachsen mit 1,77 km.
    Moment ...

    Aber Ihnen sind die echten "Mathematik"-Highlights des Buchs noch entgangen. Seite 83, Teilaufgabe i)

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    1. An der Stelle hatte ich in meinem Exemplar schon ein Kreuzchen gemacht. Ebenso wie bei Teilaufgabe a) und d).

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  2. Die erste Frage ist, wie die Größe eines Hundewelpen (zu einem gegebenen Zeitpunkt) definiert ist. Weil Welpen zumindest direkt nach der Geburt nicht aufrecht stehen können, lässt sich die Höhe vom Erdboden bis Oberkante Kopf nicht ermitteln. Der maximale Abstand zwischen zwei Punkten des Welpen hängt stark davon ab, wie sich/man das Tier gerade streckt. Er ist daher ebenfalls kein präzise bestimmbares Größenmaß. Sinnvollerweise zieht man zur Dokumentation von Wachstumsprozessen in frühen Entwicklungsstadien in erster Linie das Gewicht des Tieres heran.

    Die zweite Frage ist natürlich, was "x" sein soll. Vermutlich die Zeit seit der Geburt, in irgendeiner nicht näher spezifizierten Einheit? Vielleicht auch die dritte Wurzel der Anzahl der Herzschläge des Welpen seit der Geburt. Kann man halt nicht so genau sagen. Was die Autoren hier wirklich fragen wollten, wissen vermutlich nicht mal sie selbst.

    Falls x zum Zeitpunkt der Geburt gleich 0 ist, müsste allerdings die Größe des Welpen (in cm) bei der Geburt entweder (a) -1 oder (b) -0,5 oder (c) 1/3 gewesen sein. Ich war noch nie bei einer Hundegeburt dabei, aber mir kommen alle drei Zahlen ziemlich klein vor. Wahrscheinlich habe ich "Größe" und "x" doch irgendwie grob falsch verstanden.

    Ob Wachstumsprozesse von Welpen in den ersten drei Monaten wirklich zeitlich exponentiell verlaufen? Ich bezweifle es. Aber x muss ja nicht unbedingt linear von der Zeit abhängen. Für eine hinreichend kreative Definition von x und eine geeignet definierte Welpen-"Größe" wird der dritte Funktionsterm wohl korrekt sein.

    Soviel zum Thema "Was stimmt hier nicht, und was haben die Autoren eigentlich fragen wollen?". Zur Frage "Für wie doof halten die Autoren ihre Schüler aus dem Basiskurs, wenn sie ihnen a) und b) vorsetzen?": Wahrscheinlich orientieren sich die Autoren an ihrem eigenen Leistungsniveau während der Schulzeit. Daher vermute ich: Sie halten die Schüler für etwas -- aber nicht sehr viel -- weniger intelligent als sich selbst.

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