Das jüngste Feuerwerk hat er im Faktencheck Grundschule abgebrannt (seine Kollegin Erika Brinkmann ist natürlich auch mit von der Partie). Einige Höhepunkte dieser Publikation verdienen durchaus ein breiteres Publikum verdient. Er macht das durchaus geschickt: Mit
Die mangelnde Anerkennung der Professionalität von Grundschullehrerinnen und -lehrern
suggeriert im Paket mit der öffentlichen und oberflächlichen Verbreitung von Plattitüden
und Falschmeldungen letztlich, dass sich jeder, der früher einmal Schülerin oder Schüler
war, zu entsprechenden Themen äußern und eine eigene Einschätzung über pädagogische
und fachliche Entwicklungen abgeben kann.
deutet er die Kritik an seiner Methode gekonnt als Kritik an den Grundschullehrern um. Etwas ungeschickt dagegen der letzte Halbsatz, schließlich beruht die Qualifikation von Herrn Brügelmann, was Grundschuldidaktik abngeht, ebenfalls nur auf der Tatsache, dass er wohl auch einmal Grundschüler gewesen ist. Unterrichtet hat er jedenfalls keine einzige Klasse.
Zeit, die Vorurteile und fake news anzugehen, die Herr Brügelmann mit Fakten widerlegt (oder, weil er das nicht zum ersten Mal macht und Orthographie ein Prozess ist, der auch nach der Pensionierung weitergeht, wiederlegt).
- .Vorurteil 1: Mehr Tests steigern die Leistungen von Schülern, Lehrern, Ländern.
Ein seltsames Vorurteil, das mir noch gar nicht bekannt ist und sich selbst widerlegt, denn wenn man nur noch testet, kann man gar nichts mehr lernen. Bevor diese Aussage also zu einem Vorurteil wird, muss man präzisieren, was mit "mehr" gemeint ist: Mehr als gar keine Tests, mehr als früher, mehr als heute oder mehr als morgen? Ich weiß auch gar nicht, wer nach mehr Tests ruft - Eltern und Lehrer sicherlich nicht. Tatsächlich sind Tests das Lieblingsinstrument von Bildungsforschern und Didaktikern, also von Herrn Brügelmanns Kollegen.
- Vorurteil 2: Zeugnisse ohne Noten sind ein Angriff auf das Leistungsprinzip.
Ein etwas verkürztes Urteil, das aber insofern richtig ist, als die Leute, welche die Noten abschaffen wollen, durch die Bank damit das Leistungsprinzip aushebeln möchten. Zur Widerlegung von Vorurteil 2 benutzt Herr Brügelmann diverse Strohmänner.
Noten sind informationsarm.
Das stimmt nicht ganz, denn ob jemand eine 1 in Mathe oder eine 3 hat, lässt durchaus in den meisten Fällen Rückschlüsse auf seine mathematischen Kenntnisse zu. Bei PISA dagegen werden Schwankungen in der dritten Nachkommastelle als Erfolg oder Misserfolg von Reformen und Bildungssystemen gedeutet.
Noten fördern keine Leistung.
Das erlebe ich anders. Richtig ist aber, dass Noten in erster Linie nicht dazu da sind, Leistung zu fördern. Ebensowenig fördern Noten die Intelligenz von Schimpansen oder das Wachstum von Erdbeeren.
Noten sind nicht vergleichbar, und sie sind nicht fair. Notenvergabe ist nicht objektiv.
Kurz: Notenvergabe ist nicht perfekt. Also muss man sie abschaffen.
- Vorurteil 3: Mehr Hausaufgaben fördern das Lernen und steigern die Lesitung.
Wieder ein "mehr", das nichts bedeutet: Mehr als was? Natürlich fördern Hausaufgaben nicht das Lernen schlechter Schüler, weil die die Hausaufgaben oft gar nicht machen. Das war schon zu meinen Schulzeiten so. Abschaffung der Hausaufgaben schadet aber den guten Schülern, denen sie tatsächlich bisweilen helfen, ihre Lücken zu entdecken. Aber die guten Schüler sind die hauptsächlichen Opfer des deutschen Bildungssystems.
- Vorurteil 4: Offener Unterricht ist nichts für die Schwachen.
Ich lasse Herrn Brügelmann dieses Vorurteil selbst widerlegen:
Die Didaktik offenen Unterrichts bietet ein breitesR epertoire an Aktivitäten, die auch
in dieser Hinsicht flexibel sind (Peschel 2003). Ein Beispiel sind regelmäßige
Rechtschreibgespräche über schwierige Wörter mit der Lerngruppe: Die Regeln für
den Ablauf der Gespräche schaffen einen sozialen Rahmen (erst jede/r für sich; dann
Austausch und Klärung im Plenum); die Fachstruktur wird nicht in einer festen Abfolge,
sondern durch wiederholten Bezug auf Faustregeln und Strategien erarbeitet; es gibt also
keine Vorgabe »vom Einfachen zum Schweren«, sondern dieselben Rechtschreibphänomene
werden an immer neuen Beispielen wiederholt (»Festigung«) und zu verschiedenen
Zeitpunkten immer wieder thematisiert (»Passung« auf die unterschiedlichen Lernstände).
So bringt man also schwachen Schülern die Rechtschraipung bai.
- Vorurteil 5: Mehr digitale Medien machen die Grundschule besser - oder dumm?
Mehr als was? Ich wiederhole mich. Brügelmann bastelt einen Strohmann:
Dass Kinder in einer (medien-) keimfreien Welt aufwachsen können, ist eine Illusion.
Meine Güte, Brügelmann: Eine Illusion ist, dass es irgend jemanden gibt, der so etwas behauptet.Das kann man vom nächsten Vorurteil nicht behaupten:
- Vorurteil 6: Die Schülerleistungen werden immer schlechter.
Da bin ich mal auf die Widerlegung gespannt. Herrn Professor Brügelmann gelingt diese überraschend einfach:
die Behauptung [ist] in dieser Form schlicht falsch.
So hab ich mir einen Faktencheck schon immer vorgestellt. Dass verschiedene Studien zu verschiedenen Ergebnissen kommen, interpretiert Brügelmann nicht dahingehend, dass solche Studien nichts taugen, sondern wertet sie als Beleg dafür, dass die Schülerleistungen nicht nachgelassen hätten. Die Realität im Klassenzimmer ist allerdings eine andere.
- Vorurteil 7: Schreiben nach Gehör ist eine schädliche Methode und gehört verboten.
Das durfte natürlich nicht fehlen. Hier kommt Brügelmann mit einer Beweislastumkehr, die man hier nachlesen kann:
Zum Beispiel übersieht der Vorwurf, Grundschule mache Kinder zu »Versuchskaninchen«
unbedachter und voreiliger »Experimente«, dass für die Überlegenheit der »alten« Methoden
mitnichten empirische Belege vorliegen – welche auch nie gefordert wurden. Trotzdem spricht
da niemand von »Experimenten«.
Das ist richtig und liegt daran, dass die traditionellen Methoden 4000 Jahre lang ganz passabel funktioniert haben, und zwar selbst zu Zeiten, als Rohrstock und Ohrfeigen abgeschafft waren. Wenn etwas funktioniert und nach einer Reform nicht mehr, dann kann man doch, wenn man ernst genommen werden möchte, nicht damit kommen, von den Leuten, die vor die Reform zurück wollen, Belege dafür zu verlangen, dass die alte Methode besser ist.
Die weiteren Vorurteile tu ich mir heute nicht mehr an. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass Herr Brügelmann herausgefunden hat, dass die Erlernung einer Schreibschrift für Schüler schädlich ist. Er kann das sogar begründen:
Eine weitere Schriftform als zweite Schulschrift ist wegen des Bruchs in der
Schreibentwicklung schädlich!
Man fragt sich, wie unsereins groß geworden ist und warum das die Japaner noch nicht herausgefunden haben - vermutlich haben die keine Didaktikprofessoren vom Format Brügelmanns. Dass Inklusion, wie sie in Deutschland teilweise praktiziert wird, alle überfordern würde, ist auch ein Vorurteil. Ich kann das bestätigen: Herrn Brügelmann überfordert die Inklusion nicht.
Als vor Jahren meine Nichte in die Grundschule kam (in Bayern), hat sie diesen Schwachsinn, die richtige Schreibung vor den Kindern geheimzuhalten, dadurch sabotiert, daß sie danach gefragt hat. Dazu könnte sie veranlaßt haben, daß sie mitbekam, wie wichtig es bei ihrem zwei Jahre älteren Bruder auf einmal war, nicht nur irgendwie, sondern richtig zu schreiben. Als die Lehrerin auf einem Elternabend wieder den Ranz verkündete, das von den Kindern Geschriebene ja nicht zu korrigieren, und daraufhin spaßeshalber gefragt wurde, was man tun solle, wenn das Kind fragt, ob es richtig schreibe, kam die Antwort: "Wenn sie es unbedingt wissen will, dann sagen Sie es ihr halt." Sogar intelligente ABC-Schützen sind offenbar fähig, die Schwachsinnigkeit der Brügelmannschen Didaktik zu erahnen.
AntwortenLöschenDann war da die Sache mit dem Elefanten. Was in der bayerischen Grundschule als allererstes gelernt wird, ist Silbenklatschen. Also Wörter laut zu sprechen, und bei jeder Silbe einmal in die Hände zu klatschen. Da die Silbenkerne die lokalen Maxima der Stimmbandaktivität sind, können die Kinder das in der Regel reflexmäßig automatisch. Als mein Neffe in der ersten Klasse seine Silbenklatschhausaufgaben machte, saß seine Schwester daneben und konnte das auch: E-le-fant, dreimal klatschen.
Zwei Jahre später, als sie selbst Silbenklatschhausaufgaben hatte, war eine neue Version der Debilschreibreform in Kraft getreten; die vorher bestehende Möglichkeit, bei der Silbentrennung auch Einzelbuchstaben abzutrennen, war weggefallen und nur noch die Trennung Ele-fant zulässig. Daß das natürlich nichts an der Silbenstruktur ändert, sondern einen Ausnahmefall von der generellen Regel der Trennung nach Sprechsilben darstellt, überfordert offenbar das Verständnis von Didaktikern. Meine Nichte durfte bei "Elefant" nur noch zweimal klatschen, d.h. als Allererstes wurde den Kindern beigebracht, daß sie für eine Sache, die sie ganz natürlich richtig beherrschen, zu blöd wären. Wie man sich überhaupt fragen kann, ob die hiesigen Schulen eigentlich Bildungs- oder eher Verblödungsanstalten sind.
Man kann offenbar aus wirklich jeder Mücke einen E-le-fan-ten machen: https://www.lehrerforen.de/thread/31803-silbenb%C3%B6gen-bei-einzelnen-buchstaben/
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