Donnerstag, 16. Mai 2019

CAS oder nicht CAS

An manchen Tagen wird von Meldungen, die man kaum glauben mag, förmlich zuge...müllt. Manche sind so unglaublich, dass man sie kaum glauben mag, wie etwa die folgende aus Glienicke: 58 Schüler haben dort die falschen Aufgaben bekommen. Das ist noch nicht unglaublich, es geht ja um Berlin. Und Fehler passieren ja auch anderswo. Aber irgendetwas an der Schilderung von Stefanie kam mir nicht koscher vor:

    "Meine Tochter ist gut in Mathe", sagt Stefanie Julier, deren
      Tochter zu den Betroffenen gehört. " Die Arbeit wäre für sie 
      eigentlich kein Problem gewesen. Aber sie kam ganz 
      unglücklich nach Hause, weil die Aufgaben nicht zu 
      schaffen gewesen seien."

Im Artikel wird erklärt, dass es hier um eine CAS-Klasse ging, die beim Abitur ein Computer-Algebra-System benutzen dürfen. Das erledigt dann alle Gleichungen, Ableitung und Integrale auf Knopfdruck. Was ich nicht verstanden habe, ist der Grund der Beschwerde: Sie werden doch nicht aus Versehen die Aufgaben aus dem Spanisch-Abitur bekommen haben - da wäre ein CAS, das gebe ich zu, keine große Hilfe gewesen. Aber die "normalen" Aufgaben können es doch auch nicht gewesen sein, denn die sind ohne CAS von Hand bzw. mit Taschenrechner lösbar, sodass die CAS-Klasse einen Vorteil und keinen Nachteil gehabt hätte.

Ich habe also weiter gesucht und dann diesen Artikel gefunden: tatsächlich haben die CAS-Abiturienten die Aufgaben für Schüler ohne CAS bekommen und haben das (zumindest offiziell) leichtere Abitur als zu schwer empfunden. Jetzt müssen sie nachschreiben, was aber, so Schülersprecher Carl Exner (17), ein Problem ist:

     Es betrifft fast alle. Die Schüler haben keine Lust, unvorbereitet 
     innerhalb einer Woche Mathe nachzuschreiben.  Die haben die
     Themen gar nicht mehr im Kopf.

Wenn man eine Woche nach dem Abitur und mit einer zusätzlichen "Probeklausur" unvorbereitet ist, weil man die Themen gar nicht mehr im Kopf hat, lieber Carl, dann war das Gymnasium die falsche Schule.

Was die Sache noch unglaublicher macht ist die Tatsache, dass die Aufgaben für Schüler mit und ohne CAS in Berlin und BW praktisch identisch sind. Im wesentlichen gibt man dem CAS-Abitur ein oder zwei einfache Teilaufgäbchen mehr, damit man sagen kann, es sei schwerer als die normale Prüfung zum ausgleich dafür, dass man als CAS-Abiturient nichts mehr rechnen muss. 2019 ging es in beiden Prüfungen (Aufgabe Fischlogo) etwa um die Funktion f(x) = x/a ln(x/a). In a) war Definitionsbereich und Nullstellen gefragt, die CAS-Schüler mussten zusätzlich noch die Gleichung f(x) = 1 nach x auflösen lassen. Die Teile b), c), e), f) und h) sind identisch, in d) müssen die ohne CAS das Schaubild zeichnen, die CAS-Schüler die Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen bestimmen (auch das geht im Kopf), und in h) hatten die CAS-Schüler zusätzlich ein Integral einzutippen.

Die CAS-Schüler hatten also statt der CAS-Prüfung diejenige bekommen, in welchen ein paar Aufgabenteile weggelassen worden sind, und die seien mit CAS nicht zu schaffen gewesen. Ich weiß nicht, was ich dazu noch sagen mag. Außer vielleicht "Herzlichen Glückwunsch zur Hochschulreife".

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