Mittwoch, 8. Mai 2019

Unglaublich

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber jetzt ist es passiert: Es gibt eine Petition, in der für die Senkung des Notenschlüssels im Mathematik-Abitur 2019 in Baden-Württemberg plädiert wird. Nicole etwa meint

  • Weil ich selber noch Schülerin bin und weiß das es manchmal Aufgaben gibt an denen Lehrer verzweifeln. Man sollte Grundsätzlich die Aufgaben oder den Mathe Unterricht zurück Schrauben! 

Hier fehlen zwei Kommas, dass wird mit das verwechselt, Groß- und Kleinschreibung erscheint binomialverteilt, und am Deutsch Unterricht scheint man bereits zurück geSchraubt zu Haben. Dennis haut in dieselbe Kerbe:

  • Sie lassen überall drastisch die Aufgaben erhöhen vom Schwierigkeitsgrad, dies ist nicht fair. Zum Vergleich vor den Jahren zuvor..

Diese Sprache hat ebenfalls Migrationshintergrund.

  • Ich bin der Meinung, dass dem Unterricht entsprechend anspruchsvolle Aufgaben im Abitur gestellt werden müssen und nicht solche, die Klausuren im Mathematikstudium nahe kommen!!!!
  • Ich habe das Abitur 2019 mitgeschrieben und die gesamte Stufe fand es viel zu schwer

Dann tun wir mal Butter bei die Fische. Der Pflichtteil und der Wahlteil Geometrie hatten das übliche Niveau und waren eher leichter als in den Vorjahren. Im Wahlteil Stochastik waren praktisch alle Fragen entweder Standard oder leicht, und er konnte komplett mit dem Stoff der Klasse 10 gelöst werden; zwei Drittel hätten sogar gute Neuntklässler hinbekommen.  Der Wahlteil Analysis war ein Skandal: Hier war noch nicht einmal eine Funktion gegeben, mit der man irgendetwas anstellen sollte, sondern man musste Funktionswerte und Steigungen aus dem Schaubild ablesen, hinschreiben, dass die Funktion im Wendepunkt am schnellsten wächst, die Gleichung f(t+2) - f(t) = 5 im Sachzusammenhang interpretieren und deren Lösung aus dem  Schaubild ablesen. Ich hätte mich geschämt, eine solche Aufgabe in der 10. Klasse zu stellen. Im "innermathematischen" Teil musste man den Tiefpunkt einer kubischen Funktion "berechnen" (das Ergebnis stand schon da), eine Fläche durch Integrieren bestimmen, erklären wie g(x) =  -3f(x) + 6 aus dem Schaubild von f entsteht, "damit" den Tiefpunkt bestimmen, dann etwas mit Berührpunkten machen und zum Schluss ausrechnen, welche Funktionen einer Schar kubischer Funktionen in x=1 die Steigung 8 haben.

Sieht man vom Integral ab, konnte man den ganzen Wahlteil Analysis also mit dem Stoff der 10. Klasse erschlagen. Wer meint, auch nur irgend eine Aufgabe hätte etwas mit solchen aus Klausuren im Mathematikstudium zu tun, der . . .












. . . ist seiner Zeit ein paar Jahre voraus.


5 Kommentare:

  1. Siegfried Beyer8. Mai 2019 um 19:44

    Angesichts der Entwicklung der zurückliegenden Jahre befürchte ich, dass Sie mit Ihrem letzten Satz Recht behalten werden. Mir wird himmelangst, denn ich weiß nicht, wie ich die nächsten 10 Jahre als Mathematiklehrer in Würde überstehen kann. Der Lehrplan ist bereits jetzt so stark ausgedünnt, dass man den Unterricht schon lange nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Ich unterrichte im vielgelobten Sachsen. Wir sind die Einäugigen unter den Blinden ...

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    1. Es ist ein Kampf gegen Eltern, Politiker, Didaktiker und uneinsichtige Schüler, die auch noch medialen Aufwind erhalten. Der Mathematikunterricht ist am Ende und es wird nicht besser werden. Machen Sie mit den leistungsstarken und willigen Schülern eine AG, der Rest bekommt die Abfallmathematik des Lehrplans. Ansonsten, wenn man es sich leisten kann, mit Abschlägen in Rente gehen und sich den Kram sparen.

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  2. Das Ausdünnen der Mathematik-Stoffmenge in Hochschullehrgängen wäre sicher auch noch interessant.

    Der Verdacht liegt nahe, dass hier angesichts des sinkenden Niveaus ebenfalls nachgebessert wird.

    Ich frage mich ob es schon ein Dokument der Variante "Des Hochschul-Didaktikers neue Kleider" gibt, welches schon bekannt ist.

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  3. Natürlich lässt das Niveau an den Hochschulen ebenfalls nach. Ein ganz großes Problem ist die Verschulung durch die Bologna-Reform, die es Studenten erlaubt, nach jeder Semesterklausur alles zu vergessen, was sie davor mehr schlecht als recht gelernt haben. Am deutlichsten ist der Verfall in der Lehrerausbildung zu beobachten - von dort hört man so einiges, was man eigentlich nicht hören will.

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  4. Guten Abend !
    Nun habe ich, auf eine Empfehlung hin, ein paar Stunden absteigend bis Mitte 2018 jeden Ihrer Beiträge gelesen.

    Da stellt sich ein Gefühl ein, das ein Gedicht aus der "Titanic" wiedergibt, aus meiner Schulzeit vor 40 Jahren ('Domestos' war ein starkes Reinigungsmittel):

    "
    Ich habe Sehnsucht nach Domestos,
    nach der eisenharten Faust,
    ...
    Mein Gehirn, das Restgemäuer,
    WISCH ES AUS - denn es ist krank.
    Ich hab' Sehnsucht nach Domestos ...
    "

    Doch seien Sie bedankt für Ihre fortgesetzte Mühe. Wer weiß, vielleicht zieht jemand in Zukunft Konsequenzen, anstatt "grüne Algorithmen" zu fordern.

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