Freitag, 19. Mai 2023

KI und die Zukunft des Internets

Seit zwei Jahrzehnten versuchen Didaktiker uns weiszumachen, dass man nichts mehr zu wissen braucht, weil man Informationen im Netz nachschauen kann. Damit ist jetzt Schluss. Inzwischen kann eine KI eine ganze Webseite erstellen. Ein Beispiel, das wohl noch nicht lange online zu finden ist, und über die ich beim Suchan nach Material über die Geschichte der Zahlentheorie gestolpert bin, ist die hier:   https://www.scharlau-online.de/ . Dort heißt es:

Winfried Scharlau (1940-2021) war ein deutscher Mathematiker, der sich durch seine Beiträge zur Algebra und Geometrie sowie durch sein Engagement für die Mathematikdidaktik auszeichnete. In diesem Artikel werden wir ausführlicher auf sein Leben, seine Arbeit und sein Engagement für die Mathematik eingehen.

Ich habe chatgpt einen Text über den Mathematiker Winfried Scharlau schreiben lassen, Das sieht alles so ähnlich aus, einschließlich der Variationen bei Daten - chatgpt scheint die Informationen, die es aus wikipedia abschreibt, variieren zu wollen. Als nächstes kommt ein Bild eines grimmig dreinschauenden Menschen vor einer Tafel, der natürlich nichts mit Scharlau zu tun hat (ein ähnlich deppertes Bild ziert die Seite von Grothendieck, einer der ganz großen "deutschen" Mathematiker). Die Biographie ist so gut, wie chatgpt das hinbekommt:

Winfried Scharlau wurde am 12. Mai 1940 in Königsberg geboren

Wikipedia gibt den 12. August 1940 in Berlin an.

Er studierte Mathematik an der Universität Göttingen und promovierte dort 1966 bei Wolfgang Krull.

Knapp daneben: Wikipedia meint,  dass Scharlau 1967 bei Friedrich Hirzebruch an der Universität Bonn promoviert wurde. Alles, was sonst noch über Scharlau auf dieser Seite steht, ist absolut nichtssagend, so etwa

Scharlau war zudem ein engagierter Mentor für seine Studierenden und Doktoranden, denen er wertvolle Anregungen und Unterstützung bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit bot.

Ich diagnostiziere auch leichte Schwierigkeiten beim Gendern, müsse es doch Doktorandende oder Doktorierende heißen. Ansonsten seitenweise Schrott, den man als solchen erkennen kann, wenn man ein wenig weiß. Aber wie soll das jemand als Unsinn erkennen, der sein Wissen komplett aus dem Netz bezieht?

Man könnte einen Blick auf den Abschnitt "über uns" werfen; dort heißt es:

Wir sind eine Gruppe die Arbeit deutscher Mathematikerinnen und Mathematiker schätzen und respektieren. 

Ganz bestimmt. Die Zeichensetzung irritiert etwas, weil chatgpt das eigentlich besser hinbekommt. Interessant auch, dass man laut AGB um Erlaubnis ersuchen muss, um auf diese Seite zu verlinken. Brave New World. Vielleicht sollten wir anfangen, Webseiten, die nicht von KIs erstellt worden sind, auswendig zu lernen, um dem bevorstehenden Informationstod zu entgehen. 

2 Kommentare:

  1. Der OECD-Bildungsforscher Andreas Schleicher hat unserer hiesigen Tageszeitung ein Interview gegeben (Oberösterreichische Nachrichten, 19.05.2023). Zwei Auszüge: " (das Lehrerdasein) ist ein Berufsfeld ohne wirkliche Karriereaussichten. Wenn man den Jungen sagt, das ist dein Beruf heute und auch in 25 Jahren, dann wird man für den Lehrerberuf niemanden gewinnen. Es braucht eine spannende Karriereperspektive, dann wird der Beruf spannend, das Lernen spannend, dann wird man bessere Ergebnisse sehen." Und weiter: "Absolut, ich denke, eine Krankenschwester kann Biologie wahrscheinlich besser vermitteln als eine Schulstunde Biologie. Die Arbeitswelt muss in der Schule präsent sein."

    AntwortenLöschen
  2. Und mit nur einer Hospitation in einer Schule weiß man mehr über Bildung als der Bertelsmann-Schleicher.

    AntwortenLöschen