Mittwoch, 24. April 2024

AfDyskalkulie

Dyskalkulie gilt als Rechenschwäche beim Lernen der Grundkenntnisse. Es gibt sie aber wohl auch bei Erwachsenen, und es freut mich ganz besonders, dass es eine Partei gibt, die offen damit umgeht. Gemeint ist diesmal nicht das Ministerium von Frau Paus, sondern die baden-württembergische AfD, die ihr BWjournal ungefragt in die Briefkästen im Land legen lässt.

In bester BILD-Manier die Überschrift: Der Heiz-Hammer kommt! 

Was tun, wenn man sie erneuern muss? Nach der Lektüre kann ich jedem, dem das bevorsteht, den guten Rat geben, niemanden von der AfD zu fragen. Bei denen funktioniert der Austausch einer Heizung nämlich so:

Maßnahme Kosten
Wärmepumpe inkl. Speicher und Fußbodenheizung 35.000 Euro
Dach sanieren 45.000 Euro
Estrichleger 5.000 Euro
Neue Fenster 35.000 Euro
Fassade isolieren 10.000 Euro
Malerarbeiten innen 25.000 Euro
Fliesenleger 5.000 Euro
Elektriker 10.000 Euro
Bad sanieren 5.000 Euro
Türen innen 3.000 Euro
Einbauküche aus- und einbauen 5.000 Euro

Da fielen mir auch noch ein paar Posten ein, die man bei der AfD wohl übersehen hat, wenn man seine Heizung wechselt. Die Milchmädchenrechnung stammt vom handwerkspolitischen Sprecher der AfD in BW, Joachim Steyer (Mittlere Reife 1982 Gesamtschule Bremen-West, danach Klempner). Vielleicht wird eine abgeschlossene  Ausbildung  bei unseren Parlamentariern tatsächlich etwas überbewertet. Und wenn jemand einen Handwerker kennt, der mir für 10.000 Euro die Fassade isoliert: Herschicken! Selbst wenn er von der AfD ist. 

Auf der andern Seite: Die 200.000 Euro für eine neue AfD-Heizung sind in etwa so viel wie die Kosten für zwei Verkehrsschilder an der Autobahn, die auf eine touristische Attraktion hinweisen - da ist man neuerdings mit 180.000 Euro dabei.

Dienstag, 2. April 2024

cosh

 Auf dem Forum in Bonn haben wir uns gefragt, ob es den alten Holzmichl die cosh-Gruppe BW noch gibt, die seinerzeit mit einem Mindestanforderungskatalog versucht hatte, den Niedergang der Schulmathematik etwas zu bremsen. Die Wirkung des Mindestanforderungskatalogs war ziemlich genau Null, und seither hat man nicht mehr viel von cosh gehört. Also hab ich mal nachgesehen, und ja: der alte Holzmichl lebt noch. Auf ihrer Webseite steht

cosh steht für ein Kooperationsteam zwischen Schule und Hochschule. Diese Arbeitsgruppe setzt sich für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Hochschulen des Landes Baden-Württemberg ein.

LehrerInnen erarbeiten gemeinsam mit ProfessorInnen Möglichkeiten und Wege, SchülerInnen auf ein Hochschulstudium vorzubereiten.

Das ist schön, wen Lehrerinnen und Lehrerinneninnen mit Professorinnen und Professorinneninnen zusammenarbeiten. Wie das funktioniert, kann man an der letzten Jahrestagung aus dem Jahre 2024 sehen: die Hauptvorträge hielten

  • Didaktikerin Dörte Haftendorn ​​​​​
  • Didaktiker Gilbert Greefrath
  • Didaktiker Alexander Salle
  • Didaktiker Walther Paravicini.
Damit haben die Didaktiker, die ja weder mit dem Mathematikunterricht an der Schule, noch mit der Lehre der Mathematik an Hochschulen viel zu tun haben, die cosh-Gruppe gekapert. Tatsächlich nicht erst 2024, weil die Vorträge in den letzten Jahren ebenfalls aus der Didaktik kamen.

Wer die Didaktik kennt, ahnt, dass dabei nicht allzu viel rüberkommt. Schaut man auf der cosh-Webseite unter "Aktivitäten", dann kann man sehen, dass die cosh-Gruppe in den letzten Jahren nicht arg viel mehr zustande gebracht hat als einen Test zu konzipieren, mit dem sich Schüler am Ende der Oberstufe testen können. Dass die Sau vom Wiegen fetter wird ist ein Axiom der heutigen Bildungsforschung. Ansonsten haben sie Links auf ein paar Aufgaben aus Österreich gesetzt. 

Auch sonst ist cosh auf der Höhe der Zeit. So hat cosh-Mitglied den Ars-Legendi-Preis 2024 vom Stifterverband erhalten. Die Begründung liest sich so:

Prof. Anselm Knebusch von der Hochschule für Technik Stuttgart setzt das innovative Konzept des "computerbasierten Lernens im Hörsaal" ein, um der Heterogenität der Studienanfänger in der Mathematikausbildung der Ingenieursstudiengänge zu begegnen. Zur Aktivierung der Studierenden wird der neue Ansatz des Blended Learnings genutzt. Erreicht wird die innere Differenzierung der Lehre durch angepasste Lernvideos und interaktive Übungsaufgaben, die im Hörsaal individuell bearbeitet werden. Dabei ist die Lehrperson für Fragen präsent und wird so zum Lerncoach. Der Ansatz ist maßgeschneidert auf die Bedürfnisse einer heterogenen Lerngruppe, in der Selbstlernkompetenzen angelegt sind, die aber noch ausgebaut werden müssen.  
Die Jury möchte mit dieser Auszeichnung auch die Bedeutung der Nebenfachausbildung betonen.
   
Im Hörsaal gucken die Studierenden also Lernvideos, während der Professor Lerncoach für Fragen präsent ist. Das ist natürlich auch eine Methode, den Übergang zwischen Schule und Hochschule zu erleichtern: die Universität als Fortsetzung der Schule mit anderen denselben Mitteln.