Dienstag, 31. März 2020

wissenschaftlerInnen

Auch wenn wir derzeit andere Sorgen haben: Diese Nachricht hat selbst mich überrascht. Eine Dozentin hat einer Studentin, die in Jeans zur Prüfung im Studiengang Recht für die öffentliche Verwaltung angetanzt kam, einen Abzug von 0,4 Notenpunkten "in der Kategorie Präsentationsweise" verpasst und per SMS wie folgt begründet:

     Sie schrieb der Studentin laut Gericht in einer SMS, diese hätte 
     «auf eine weiße Leinenhose und Black Shirt mit Ethnokette 
     oder einen lieblichen oder auch strengen Blouson zurückgreifen 
     oder auch ein Top mit elegantem Kurzjackett» ausprobieren können.

Erstaunlich, was für Frauen sich heutzutage an höheren Bildungseinrichtungen herumtreiben. Das hätte es zu Zeiten, als nicht das Geschlecht, sondern die wissenschaftliche Qualifikation bei der Besetzung von Lehrstühlen gezählt hat, nicht gegeben.

Dienstag, 24. März 2020

Frau Mölling und Corona

Unter dem Titel "Die Stimme der Vernunft" hat Rubikon ein Interview mit der renommierten Virologin Karin Mölling abgedruckt. Es ist legitim, als "Experte" davor zu warnen, den Bogen zu überspannen. Was in meinen Augen nicht geht, ist das auf eine Art zu machen, wie Frau Mölling das tut. Das geht schon im zweiten Satz los:

        Aber das Virus ruft keine schlimme Erkrankung hervor .

Solchen Spezialistinnen würde ich gern eine Zugfahrt nach Italien bezahlen, damit sie ihre Interviews direkt vor Ort geben können. Expertinnen können natürlich mit den Mitteln der Wissenschaft beweisen, dass Corona gar nicht so schlimm ist:

       Es gibt einen Verwandten dieses Virus, Mers-Corona
       bei Kamelen. Da sterben 37 Prozent der infizierten Kamele.

Da werden die Italiener dankbar sein, dass sie keine Kamele sind. Was soll das für ein Argument sein?

      Ich empfinde, was im Moment läuft, ist das, was wir mehr 
      oder weniger jeden Winter erleben.

Die jährlichen Meldungen aus Italien, dass die Armee Särge abtransportiert, weil die örtlichen Krematorien überlastet sind, müssen mir entgangen sein.

     Aber die Krankheit ist aus meiner Sicht nicht so schlimm wie 
     die Influenza. Als ich die hatte, dachte ich, ich sterbe. Das 
     sagen mir alle, die die SARS-Corona 2-Infektion haben, dass 
     das da nicht der Fall sei, normalerweise.

Warum sind in der Astronomie so viele massereiche und vergleichsweise wenig Zwergsterne bekannt? Weil die großen Brummer leuchtstärker und damit leichter sichtbar sind. Warum sagen Frau Mölling alle, die Corona-Infektion sei glimpflich verlaufen? Weil sie nicht die BILD-Zeitung ist, die mit Toten spricht.

       Jede Woche stirbt in Berlin ein Mensch an multiresistenten      
       Keimen. Das sind im Jahr rund 35.000 in Deutschland. Das 
       wird überhaupt nicht erwähnt.

Da sind sie wieder, die Kamele. Dass es nicht erwähnt wird, ist, sagen wir mal, eine etwas gedehnte Wahrheit: auf der Seite der Tagesschau vom 18.11.2019 steht etwa

       In der EU sterben jedes Jahr mehr als 33.000 Menschen an
       Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen.

Ups. Zurück zur Expertin:

       Schon wieder 20 Tote, wie schrecklich! Wissen Sie, wann ich 
       anfange, Panik zu bekommen? Wenn es 20.000 sind.

Und wenn es dann 20.000 Tote sind, was machen wir dann? Dann haben wir, wenn wir die Sterblichkeitsrate in Deutschland bei 1 % ansetzen, 2 Millionen Infizierte. In einem solchen Fall ist es für jede Art von Eindämmung zu spät, und man wird warten müssen, bis zwei Drittel der Bevölkerung infiziert sind, was dann, wieder bei einer Sterblichkeitsrate von 1 %, auf 600.000 Tote hinausliefe. Das wird zwar, wie manche Exemplare der Generation Arschloch (damit meine ich solche, die, wie in Aalen am Samstag, Lokführer aus ihrem Abteil zerren und ins Gesicht spucken, weil die sie darauf hingewiesen haben, dass über die Gleise gehen nicht erlaubt ist) schon festgestellt haben, die Rentenkassen entlasten; allerdings wird die Sterblichkeitsrate bei Ingenieuren, Maschinenbauern, Medizinern usw. höher sein als bei den jüngeren Spezialist*Innen für genderkorrektes Schreiben, und ich hoffe, ich darf dabei zusehen, wie die Genderexpertinnen nach Corona die Wirtschaftskarre wieder aus dem Dreck ziehen.

Warum die Sterblichkeitsrate in Italien so groß ist? Meine Vermutung wäre, dass es viel mehr Infizierte gibt als bekannt. Aber ich bin ja keine Expertin:

        Vielleicht ist auch das Gesundheitssystem in dem Land nicht 
        ganz so gut aufgestellt wie unseres. Das weiß ich nicht. Die 
        Lombardei wird beim Vergleich der Luftverschmutzung, der 
        Pollution, und sonstigen Parametern als eine der stärksten 
        Industrieregionen aufgeführt.

Wie gut unser Gesundheitssystem aufgestellt ist, wird sich zeigen. Wir hatten ja auch zwei Wochen Vorlaufzeit und haben bereits von Italien gelernt. Aber dass die in Italien tot umfallen, weil sie eine so schlechte Luft haben, ist ohne jeden Beleg erst einmal eine unverschämte Behauptung. Die Luft dort ist ja heute auch nicht schlechter als vor zwei Jahren. Und die anderen Experten haben festgestellt, dass die Corona-Zahlen in Bergamo genau zwei Wochen nach einem Champions-League-Spiel zwischen Bergamo und Valencia explodiert sind, was nicht auf schlechte Luft, sondern auf soziale Kontakte hinweist. Dass Luftverschmutzung nicht gesund ist, bestreitet niemand - aber dass die Luft in Stuttgart besser sein soll als die in der Lombardei, das mag glauben wer will.

   Aber ich war in China und ich habe eine Arbeit dazu geschrieben.

Ist ja gut, Frau Mölling. Immerhin plädiert sie für an die frische Luft gehen (außer in der Lombardei, weil es dort keine Frischluft gibt). Dazu muss man aber kein Experte sein. Experten braucht man für die ganz großen Fragen:

        Die Viren gehören wie die Mikroorganismen und die  
        Bakterien zu unserem Leben. Sie sind länger auf der Welt als wir.

Um es mit Louis de Funes zu sagen: NEIN!

      Ich siedle sie in der Evolution ganz unten bzw. ganz früh an.

Echt? Da hilft auch Louis de Funes nicht mehr.

Was mich am meisten aufregt ist die Tatsache, dass die ganzen Leute, die jetzt gegen die Maßnahmen anschreiben, danach behaupten werden, sie hätten recht gehabt, wenn die Anzahl der Toten unter 20.000 bleibt. Ja, Italien hat derzeit knapp 6000 Tote durch Corona. Das ist, verglichen mit anderen Grippewellen, nicht viel. Aber Italien hat seit zwei Wochen eine Ausgangssperre, und auch Frau Mölling hat kein Sterbenswörtchen dazu gesagt, wie die Zahlen aussehen würden, wenn Italien keine Maßnahmen gegen Corona ergriffen hätte.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass alle westlichen Industrienationen (mit Ausnahme von Schweden und einigen kleineren Ländern) ihre Volkswirtschaften herunterfahren, weil sie Angst vor 10.000 Toten haben - die Industrie geht, wenn es sein muss, über Leichen.  Auch die der USA.

Schauen wir also mal, wie es weitergeht. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Sache ausgeht wie beim Y2K-Virus vor 20 Jahren. Selbst wenn Frau Mölling dann behaupten kann, sie hätte recht gehabt.



Mittwoch, 18. März 2020

Schwäpo und Corona

Die Schwäbische Post hat heute ein ganzseitiges Interview mit Herrn Dr. rer. nat. Wolfgang Feil gebracht, das dessen Immunpaket  bewirbt: Das besteht aus Kapseln mit Ingwerkonzentrat und dergleichen, kostet knapp 60 Euro, und hilft. Zwar nicht gegen Corona, wie er behauptet und die Schwäpo nachbetet, aber seinem Konto. Wenn ich schreiben würde, was ich über diesen Sack und die lokale Journaille denke, würde ich mich strafbar machen.

Modellierung und Corona

Ich habe mich an dieser Stelle schon oft über den Unsinn von Modellierungsaufgaben lustig gemacht, deren Autoren fest davon überzeugt sind, dass man die Verkaufszahlen einer CD bereits ein Jahr im Voraus vorhersagen kann, wenn einem nur eine geeignete Funktion einfällt. Die Corona-Pest hat wenig positive Folgen, aber eine davon ist dann doch, dass wir jetzt einmal testen können, was die Methoden taugen, die wir unseren Schülern täglich beibringen müssen.

Ich habe dazu die Zahlen der WHO benutzt, welche zwar unter den Zahlen liegen, die täglich gemeldet werden, dafür aber nicht nur die neuesten Zahlen liefern, sondern auch die älteren. Die dazugehörigen Aufgaben habe ich auf meine Seite gestellt (unter K2). Die beiden Kurven für Frankreich und Deutschland, die ich unter Annahme von logistischem Wachstum aus den Zahlen der letzten Woche extrahiert habe, sind die beiden folgenden:


Oben Frankreich, unten Deutschland:



Obwohl die Fallzahlen sich nicht drastisch unterscheiden, sagen diese Modelle für Frankreich 13800 und für Deutschland 48600 Fälle voraus. Selbst wenn man den absoluten Zahlen nicht traut, bedeutet das wohl doch, dass Frankreich die Lage besser im Griff hat als Deutschland. Die Alternative, die ich nicht ausschließen will, ist, dass die Modellierung überhaupt keinen Wert hat.

Die Zahlen für den 17. März sind seit gestern dazugekommen.
Frankreich     Modell: 6370    WHO: 6573
Deutschland  Modell: 5900    WHO: 6012
Ich würde mal vermuten, dass sich die Zahlen für die nächsten Tage noch viel weniger an das Modell halten als die heutigen.