Samstag, 15. Juli 2023

Marokko III

 Der Vollständigkeit halber die marokkanische Aufgabe zu komplexen Zahlen.

\(m\) sei eine komplexe Zahl \(\ne 2\) und \(\ne -i\). Wir betrachten die Gleichung

\[ z^2 - (m-i)z - im = 0 \]

in der Unbekannten \(z\). 

    1. Zeige, dass die Diskriminante der Gleichung \((m+i)^2\) ist.
    2. Bestimme die beiden Lösungen \(z_1\) und \(z_2\) dieser Gleichung.
    3. Schreibe \(z_1+z_2\) für \(m = e^{i \pi /8} \) in Exponentenschreibweise.
    4. Seien \(A = 2\), \(B = -i\) und \(M = m\) drei Punkte in der komplexen Ebene. Sei \(M'\) der Punkt, den man durch Spiegeln von \(M\) an der imaginären Achse erhält. Bestimme \(M'\) als Funktion von \(m\).
    5. Bestimme den Punkt \(N\), für den \(ANM'B\) ein Parallelogramm ist.
    6. Zeige, dass die Geraden \(AM\) und \(BM'\) genau dann orthogonal sind, wenn \[\text{Re}\ (2-i)m = \text{Re}\ m^2 \] gilt.
1. Offenbar ist die Diskriminante gleich \((m-i)^2 + 4im = (m+i)^2\). 
2. Die Lösungen erhält man am einfachsten mit Vieta:
    \[ z^2 - (m-i)z - im = (z + i)(z - m) = 0 \] 
   Also ist \(z_1 = -i\) und \(z_2 = m\). Die Berechnung der Diskriminante erlaubt auch die Anwendung     der abc-Formel.

3. Mit \(m = e^{\pi i/8} \)  ist \(z_1 + z_2 = -i + e^{\pi i/8} =  e^{2 \pi i/16} -  e^{8 \pi i/16} = e^{2 \pi i/16} (1 - e^{6 \pi i/16})\) errechnet sich der Betrag dieser Zahl mit \(t = \frac{2\pi}{16} \) zu \(|m-i|^2 = |1 - \cos(3t) - i \sin (3t)|^2 = (1 - \cos(3t))^2 + \sin(3t)^2 = 2 - 2 \cos(3t) \).  

Diese Rechnungen haben mir nicht gefallen wollen, weil die meisten Lösungen doch kürzer und eleganter sind. In der Tat geht es besser. Sei \(\zeta_n = e^{2\pi i /n} \) eine normierte \(n\)-te Einheitswurzel. Dann ist
\[ \zeta_{16} + i = \zeta_{16} + \zeta_{16}^4  = \zeta_{32}^2 + \zeta_{32}^8  =   \zeta_{32}^5  (\zeta_{32}^3+ \zeta_{32}^{-3}).\]
Der Ausdruck in der Klammer ist reell, und weil die Einheitswurzel vorne Betrag \( 1 \) hat, ist dies die gewünschte Darstellung.

4. Mit \(M = a+bi\) ist \(M' = -a+bi = - \overline{m}\).

5. Das Viereck \(ANM'B\) bildet genau dann ein Parallelogramm, wenn \(B-A = M'-N\) ist. Es muss also \(N = M' - B + A = -\overline{m} + 2 + i \) sein.

6. Die Geraden \(AM\) und \(BM'\) sind genau dann orthogonal, wenn es eine reelle Zahl \(r\) gibt derart, dass \((m-2)i = r(\overline{m}+i)\) gilt. Dies ist gleichbedeutend damit, dass \( r \) unter komplexer Konjugation invariant ist:
\[ \frac{mi-2i}{\overline{m}+i} = \frac{-\overline{m}i + 2i}{m-i} \]
Wegschaffen der Nenner und Division durch \(i \) zeigt, dass dies äquivalent ist zu
\[2m + 2\overline{m} + i\overline{m} - im = m^2 + \overline{m}^2 \]
und damit wegen \( \text{Re}\ z = z + \overline{z} \) zur Behauptung.
Es würde mich nicht wundern, wenn das etwas intelligenter ginge.

Wie in den Kommentaren angedeutet geht das in der Tat eleganter, wenn man erst nachrechnet, dass das Skalarprodukt für Vektoren in der Gaußschen Zahlenebene, welche den komplexen Zahlen \(z\) und \(w\) entsprechen, gleich Re\((z\overline{w}) \) ist.

1 Kommentar:

  1. Zu 6): Identifiziert man die komplexe Ebene C mit der euklidischen Ebene R^2, so entspricht dem Standardskalarprodukt auf R^2 der Ausdruck = Re (z\bar{w}). Ist in der Tat nur ein Einzeiler.

    Generell: Habe mich neulich mit einem Kollegen aus Paris unterhalten, der den Niveuverlust in Frankreich bitter beklagte. Ist dort ähnlich niveaulos wie hier zu Lande. In manch alten Kolonien jedoch wäre das Baccalaureat noch im alten französische Stil gehalten. Die marokkanischen Studenten wurden ausdrücklich gelobt.

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