Mittwoch, 28. Dezember 2022

Wie Kinder mathematisch denken lernen

Wer wissen will, wie Kinder mathematisch denken lernen, muss einen Fachmann fragen. Oder eine Fachfrau. Zum Glück gibt es da jemand: Sabine Czerny. Die hat man in Bayern strafversetzt, weil sie bei der Notengebung nur Einsen und Zweien benutzt hat. Oder, wenn man sie selbst fragt, weil ihre Schüler und Schülerinnen zu gut waren. Inzwischen plädiert sie für die Abschaffung der  Noten, weil das Leistungsprinzip unsere Kleinen psychisch versaut. Oder die Verkaufszahlen ihres Buchs nach oben treibt. Oder beides.

Jedenfalls darf Frau Czerny für das Deutsche Schulportal schreiben, das von der Robert-Bosch-Stiftung finanzierte Onlineportal. Dort erklärt sie uns den Unterschied zwischen 20 und 20. Ausgangspunkt ist die etwas, sagen wir, eigenwillige Korrektur einer ihrer Kolleginnen:


Nicht nur, so Frau Czerny, sei die Lehrerin im Recht. Vielmehr ist es unglaublich wichtig zu verstehen, warum \(5 \cdot 4\) etwas vollkommen anderes ist als \(4 \cdot 5\). Man muss nämlich zuerst die Hände zählen (4) und dann die Finger pro Hand (5) und dann \(4 \cdot 5 = 20\) rechnen. Wer dagegen erst die Finger zählt (5) und dann die Hände (4) und \(5 \cdot 4 = 20\) rechnet, aus dem wird nie ein Mathematiker. Frau Czerny muss es wissen. 
Erstaunlicherweise ist die Plusaufgabe richtig; wer 4 Daumen, 4 Zeigefinger, 4 Mittelfinger, 4 Ringfinger und 4 kleine Finger zählt und \(4 + 4 + 4 + 4 + 4 = 20\) rechnet - nun ja, Sie wissen schon . . .
"Denken heißt auch, zu wissen was man tut und erklären zu können, warum etwas so ist, wie es ist." Mir hat Frau Czerny jedenfalls nicht erklären können, warum das so ist, wie es ist. Daraus darf ich dann schließen, dass sie nicht denkt. 



2 Kommentare:

  1. Wer so viel Wert auf die Unterscheidung und die Reihenfolge von Multiplikand und Multiplikator legt, der sollte mal folgenden Czerny-Satz überprüfen: "Beim Fliesenlegen würde man für ein 4 x 5 m großes Zimmer die gleiche Anzahl von Fliesen kaufen können, wie bei einem Zimmer von 5 x 4 m." Ob 4 x 5 m oder 5 x 4 m, das Zimmer ist komischerweise 20 m groß. Meter oder Quadratmeter, Hauptsache Italien.

    "Diese Kinder denken bei der nächsten Aufgabe nach, die z.B. heißen könnte: 'Male Ketten: 3 x 8' – sind das jetzt drei Achterketten oder acht Dreierketten?" Oder ist das einfach nur eine mangelhafte Aufgabenstellung? Seit wann steht "3 x 8" für "3 Ketten à 8 Perlen (oder andersherum)? "Andere wissen mit der Aufgabe oft nicht einmal etwas anzufangen." Ich hätte eine Ahnung, woran das liegt...

    -- Lohnt es sich, sich mit solchen Aufsätzen auseinanderzusetzen...?

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  2. In unserem Kulturbereich lesen (und erkennen) wir von links nach rechts und von oben nach unten. Demnach sehe ich als erste Entität fünf Finger, und erst dann vier Hände. Demnach ist 5x4 völlig richtig. Wären hingegen die Hände um 180 Grad gedreht und somit die Finger unten, wäre 4x5 die richtige Antwort.
    Möglicherweise gibt es eine geschlechterspezifische Wahrnehmung, ob jemand zuerst die Finger und dann die Hände sieht, oder umgekehrt, und danach seine Multiplikation ausrichtet.

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